Was Anleger über den Leitzins wissen sollten – So funktioniert der Leitzins der Zentralbanken!

Zuletzt aktualisiert & geprüft: 21.05.2021


Der Leitzins legt fest, zu welchem Zinssatz sich die angeschlossenen Banken Geld bei der Zentralbank leihen können. Damit gehört der Leitzins zu den wichtigsten Instrumenten, welche den Zentralbanken zur Verfügung stehen. Eine Änderung wirkt sich auf unter anderem Zinsen für Geldanlagen und Kredite, Wirtschaftswachstum, Arbeitslosenquote sowie die generelle Stimmung von Unternehmen und Verbrauchern aus. Für Anleger können Änderungen des Leitzinses schwerwiegende Folgen haben.
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Wie funktioniert der EZB Leitzins?

Im Vergleich zu anderen Leitzinsen gibt es bei der Europäischen Zentralbank eine Besonderheit. Die EZB legt nicht nur einen, sondern gleich drei Zinssätze fest,

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Hauptrefinanzierungszinssatz

Wenn vom Leitzins gesprochen wird, ist damit der Hauptrefinanzierungszinssatz gemeint. Über diesen kann die EZB direkten Einfluss auf die Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt nehmen. Das Hauptrefinanzierungsgeschäft läuft in den folgenden Schritten ab:

  • In einem Terminkalender veröffentlich die EZB für drei Monate im Voraus die Termine, zu denen sie Geld verleihen möchte. Zumeist gibt es einen Termin pro Woche.
  • Vor dem Jahr 2000 und während der Finanzkrise legte die EZB die Zinsen in einer Ausschreibung als Mengentender fest. Mittlerweile kommt in erster Linie das Zinstenderverfahren zum Einsatz.
  • Hierbei legt die Zentralbank einen Mindestbietungssatz fest. Dies ist der minimale Zinssatz, zu dem Offenmarktgeschäfte durchgeführt werden können. Zudem wird auch die genannt, welche Geldmenge emittiert werden kann bzw. soll.
  • Im Anschluss geben die Banken an, zu welchem Zinssatz sie zu einem Offenmarktgeschäft bereit sind.
  • Haben alle teilnehmenden Banken ein Angebot abgegeben erfolgt die Vergabe nach dem amerikanischen Verfahren.
  • Für die Abwicklung sind die nationalen Zentralbanken zuständig.
  • Die Kredite sind auf eine Woche begrenzt, sodass die Bedingungen wöchentlich neu festgelegt werden können.

Spitzenrefinanzierungssatz

Über den Spitzenrefinanzierungssatz können sich Geschäftsbanken aus dem Euroraum besonders schnell Geld bei der EZB leihen. Dies ist allerdings mit höheren Kosten verbunden. Der Spitzenrefinanzierungssatz liegt in der Regel einen Prozentpunkt über dem Hauptrefinanzierungszinssatz. Aktuell sind es jedoch nur 0,75 Prozentpunkte.
Außerhalb der wöchentlichen Auktion können sich nur bei der EZB zugelassene Geschäftsbanken Geld leihen. Als Sicherheit können beispielsweise Wertpapiere eingesetzt werden. Aufgrund der zügigen Abwicklung werden solche Geschäfte auch als „Übernachtkredit“ bezeichnet. Für offene Salden auf den EZB Konten wird ebenfalls der Spitzenrefinanzierungssatz berechnet.
Ziel des Spitzenrefinanzierungssatzes ist es kurzfristige Liquiditätsengpässe bei den Banken zu verhindern. Zudem kann die EZB über diesen Leitzins Einfluss auf die Zinspolitik nehmen. Da er vor allem vom Refinanzierungssatz abhängt, ist dies jedoch von untergeordneter Bedeutung.

Einlagenzinssatz

Geschäftsbanken können Geld das kurzfristig nicht benötigt wird bei der EZB anlegen. Dafür erhalten sie den von der Zentralbank festgelegten Einlagenzinssatz. Die Einlage kann innerhalb kürzester Zeit durchgeführt werden und wird deshalb auch als „Übernachtanlage“ bezeichnet. Bezüglich Volumen und Laufzeit gibt es keine Begrenzung. Es handelt sich demnach um eine ständige Fazilität. Sobald sich auf den ESZB-Konten offene Habensalden befinden, werden diese zu Einlagefazilitäten.
Banken können auf diese Weise Liquiditätsüberschüsse vermeiden. Im Gegenzug hat die EZB die Möglichkeit, Einfluss auf die Marktzinsen zu nehmen. So lässt sich beispielsweise die Kreditvergabe mitbestimmen. Derzeit ist der Einlagezinssatz negativ sodass es sich für Banken nicht lohnt Geld bei der EZB anzulegen. Rentable ist es, dass Kapital über Kredite an Kunden weiterzugeben.
Was Anleger über den Leitzins wissen sollten

Funktionen des Leitzins

Innerhalb einer Volkswirtschaft hat der Leitzins unterschiedliche Funktionen. Durch eine Erhöhung des Leitzinses steigt zumeist auch der Wechselkurs an. Als Folge werden Produkte im Ausland teuerer und der Export sinkt. Umgekehrt führt ein niedrigerer Leizins dazu, dass inländische Waren verstärkt ausgeführt werden. Die Produktionsauslastung steigt, was sich positiv auf die Konjunktur auswirkt.
Allerdings führt der Leitzins nicht nur zu positiven Effekten. Führt billiges Geld nicht zum gewünschten Wirtschaftswachstum, so kann dies negative Folgen haben. Es befindet sich nun zu viel Geld im Kreislauf, was im schlimmsten Fall zu einer Hyperinflation führt.

Kritik am Leitzins

Trotz der Bedeutung des Leitzinses für die Volkswirtschaft streiten Experten darüber, ob dieser tatsächlich noch so wichtig für Zinsen und Kreditvergabe ist. Stattdessen werden Mindestreserve und Geldschöpfung einen größeren Einfluss auf die Vergabe von Krediten und den Gewinn der Banken zugeschrieben.
Zum Jahresbeginn 2012 wurde die Mindestreserve auf ein Prozent gesenkt. Geschäftsbanken haben dadurch die Möglichkeit, das Hundertfache des geliehenen Geldes an Privatpersonen, Unternehmen oder den Staat weiter zu verleihen. Daraus ergibt sich, dass selbst eine Veränderung von mehreren Prozent keine größeren Auswirkungen auf die Gewinnspanne der Banken hat. Grund ist, dass sich auch die Wirkung um das Hundertfache abnimmt.
Deutlich stärker wirken sich Angebot und Nachfrage auf die Zinsen aus. Es gibt genügend Beispiele dafür, dass der Markt auf eine Änderung beim Leitzins reagiert. Als die Schweizer Nationalbank mitteilte, dass ein Negativzins eingeführt wird, kam es unmittelbar zu einer Erhöhung des Hypothekenzinses. Als Begründung wurde der damit verbundene Verlust genannt. In Deutschland gab es bisher noch keine solch deutlichen Schritte, was an der größeren Konkurrenz auf dem Bankenmarkt liegt.
Zudem profitieren die westlichen Staaten besonders von den niedrigen Zinsen bei Staatsanleihen. Sie können sich dadurch deutlich günstiger refinanzieren. Zudem gibt es die Möglichkeit indirekt Geld für Investoren zur Verfügung zu stellen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

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Wie wirkt sich ein geringer oder negativer Leitzins aus?

Der negative Leitzins bezieht sich innerhalb der Eurozone in erster Linie auf den Einlagezins. Banken, die bei der EZB Geld parken müssen hierfür Strafzinsen bezahlen. Ziel dieser Politik ist eine Erhöhung der Kreditvergabe und damit verbunden eine Stärkung der Konjunktur. Zudem soll die Inflationsrate nach oben gehen. Verbraucher sind auf unterschiedliche Weise vom EZB Niedrigzins betroffen.
Größtes Problem ist, dass sich mit klassischen Geldanlagen kaum noch eine Rendite erzielen lässt. Lediglich bei Renten– als auch Geldmarktfonds ist dies noch möglich. Negative Auswirkungen gibt es zudem auf kapitalbildende Lebensversicherung. Der zu einem früheren Zeitpunkte garantierte Zins lässt sich auf dem Kapitalmarkt nicht mehr erreichen. Die Versicherer müssen diesen jedoch zahlen, was zu finanziellen Problemen führt.
Anleihen bieten kaum noch einen Nutzen bei der Geldeinlage. Entweder sie werfen nichts ab oder sind zu riskant. Wer sein Geld auf Tages- oder Festgeldkonten hat, muss aufgrund der Inflation ebenfalls einen realen Verlust befürchten. Dies führt dazu, dass Privatanleger verstärkt Geld über die Börsen investieren. Allerdings gilt der Markt dann häufig bereits als überbewertet.
Auf den ersten Blick scheint die günstige Baufinanzierung ein Vorteil des niedrigen Leitzins zu sein. Bei genauerer Betrachtung sind jedoch viele Immobilien aufgrund des billigen Geldes überbewertet. Kommt es später zu einer Erhöhung des Leitzines, steigt auch die finanzielle Belastung. Der Immobilienwert reicht dann möglicherweise nicht aus, um den Kredit zu decken. Im schlimmsten Fall führt dies zu einem Verlust der Immobilie.
Was Anleger über den Leitzins wissen sollten - Ratgeber

Wie würde sich eine Anhebung des Leitzinses auswirken?

Steigt der Leitzins, wird die Aufnahme von Krediten teurer. Dies kann dazu führen, dass weniger Geld im Umlauf ist. Die Geldschöpfung ist für die Geschäftsbanken dann teurer und Kredite werden weniger häufig vergeben. Die Leitzinserhöhung ist sehr häufig Teil einer kontraktiven Geldpolitik, mit dem Ziel die Inflation zu senken. Eine Erhöhung des Leitzinses hat indirekt die folgenden Konsequenzen:

  • Kredite werden teurer
  • Investitionen und Konsum gehen zurück
  • Die Konjunktur schwächt sich ab
  • Erträge für festverzinsliche Anlagen steigen

Am Ende steht die Gefahr einer Rezession. Deshalb wird dieses Mittel nur mit besonderer Vorsicht angewendet.

Fazit zum Leitzins

Der Leitzins gehört zu wichtigsten geldpolitischen Instrumenten. Die Europäische Zentralbank legt drei Leitzinsen für kurz- und langfristige Kredite sowie Einlagen der Geschäftsbanken fest. Dadurch kann die EZB auf verschiedene Weise Einfluss nehmen. Wie wirksam Änderungen des Leitzinses wirklich sind, ist unter Experten jedoch umstritten. Allerdings haben Veränderungen beim Leitzins immer eine Signalwirkung auf die Stimmung von Verbrauchern und Unternehmen. Ein niedriger Leitzins hat vor allem für Anleger negative Folgen. Im Gegenzug kann dieser jedoch zu einem Ansteigen der Konjunktur führen. Erhöht sich der Leitzins steigt die Rendite bei festverzinslichen Anlagen und Kredite werden teurer.

Experten-Tipp:

Jeder sollte über den aktuellen Leitzins sowie die Auswirkung des Leitzinses auf das gesamte System vertraut sein, wenn er sich mit Krediten beschäftigt oder einen Kredit aufnehmen möchte.

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